Go west, young man!
In den späten Fünfzigerjahren war ein USA-Aufenthalt das Beste, was ein junger Mediziner für seine Laufbahn vorweisen konnte.
Der junge Assistenzarzt, der dort ahnungslos im Memorial Hospital in Worcester ankam, war von Anfang an begeistert. Ebenso seine frisch vermählte Frau.
Viel weniger begeistert war der Vater. Bereits ein angesehener Arzt und Leiter einer Privatklinik am Zürichsee. Denn der erwartete, dass sein Sprössling sich dort in Übersee im Bereich Anästhesie weiterbilden würde. Dass er zurück kommen und mit ihm zusammenarbeiten würde.
Doch der Sohn dachte weniger ans Zurückkommen als vielmehr an die medizinischen Randgebiete. Das Neue, das es zu erforschen und zu erleben gab, das interessierte ihn. Vor allem die Herzchirurgie. Zu jener Zeit wohl das Aufregendste für einen jungen Chirurgen, zehn Jahre vor Professor Barnards Herztransplantation.
Knapp sechzig Jahre später blickte der inzwischen wieder in der Schweiz tätige Chirurg auf ein abwechslungsreiches Leben zurück. Bei einigen Plänen verlief es anders, als er erhofft hatte. Dafür war er mit anderen Positionen erfolgreich. Unter anderem wurde er einer der jüngsten Chefärzte an einem Privatspital.
Er betrieb aktives Marketing, noch lange bevor seine Kolleginnen und Kollegen überhaupt wussten, was das war. Zum Beispiel mit Bädern und Massagen. Er engagierte sich für Managed Care, bevor der Begriff allgemein auftauchte. Er befasste sich mit Sterbehilfe, als dieses Thema für die Öffentlichkeit noch tabu war. Sich selbst bezeichnete er gern als «Erledigungstaktiker».
Etwa anderthalb Jahre vor seinem Tod kam ich mit ihm in Kontakt. Diese Zeit hat mich sehr berührt. Durch die vielen Gespräche ist ein Buch entstanden, das ich immer wieder gerne zur Hand nehme.
Eine jener Biografien, die nicht an die breite Öffentlichkeit gelangen. Aber eine Biografie, für die sich der Einsatz jenseits aller kalkulatorischen Stundenrapporte allemal gelohnt hat.
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