20. Oktober 2014

Sprachverluste bei Menschen berühren mich stark. Als vor einigen Jahren der damalige Einsiedler Abt Martin Werlen nach einem Sportunfall das Bewusstsein verlor, musste er anschliessend mit viel Willen und Training seine Sprache wieder erlangen.

Er, der doch zu den besonders denkenden und sprechenden Menschen zählt. Ich hatte ihn wenige Wochen vor seinem Koma an einem Symposium erlebt. Die 200 Zuhörenden im Saal waren begeistert.


Die Harmonie-Tendenz könnte positiv sein.

Verstanden werden wollen? Aus meiner Postkarten-Sammlung von «Trennungsschmerz»: Die Harmonie-Tendenz könnte positiv sein.


Wie erreicht ein Referent eine solche Resonanz. Immer wieder heisst es, das habe mit Authentizität und Charisma zu tun.

Beides Fremdworte. Weil es offenbar keine deutschen Wörter gibt, die das treffend benennen. Aus meiner Beobachtung braucht es drei grundlegende Eigenschaften für einen solchen Auftritt:

1. Die Rednerin oder der Redner will verstanden werden.
2. Die Rednerin oder der Redner sucht den Kontakt, tritt in eine Beziehung zum Publikum.
3. Die Rednerin oder der Redner weiss (bewusst oder unbeswusst) um die Vergänglichkeit des Gesagten.

Alle, die etwas einpauken wollen, die Behauptungen festnageln wollen, die an ihrem eigenen Denkmal meisseln wollen – sie haben neben den wirklich guten Rednerinnen und Rednern verloren.

Die Dauer des Bus-Ersatzes

Die Dauer des Bus-Ersatzes (bereits schon ein Stolperwort) bleibt unbestimmt.


Wie vergänglich Sprache an sich ist, wurde kürzlich wieder durch ein Buch bewusst gemacht: «Wenn Sprachen sterben und was wir mit ihnen verlieren», vom australischen Sprachforscher Nicholas Evans.
Etwa 6000 Sprachen soll es zurzeit auf dem Erdball geben. Die Hälfte davon, so die Wissenschaftler, wird bis zum Ende des Jahrhunderts verschwunden sein – mundtot sozusagen.


Zur guten Trennung braucht es viel Übung – oder einen Ur-Instinkt

Der Klassiker der Trennungs-Kalauer. Zur guten Trennung braucht es viel Übung – oder einen Ur-Instinkt

Zum Thema Sprachensterben meldeten sich gleich etliche Ökonomen und Fortschrittsgewaltige. Sie priesen die enormen Einsparungsmöglichkeiten, von wegen Übersetzungskosten, Drucksachen usw.
Ähnlich ergeht es ja den Biobewahrern, die das Aussterben von beispielsweise dem Zagros-Salamander beklagen. Die bekommen zur Antwort: Wir sollten uns besser um die menschliche Bevölkerung des Südwest-Irans kümmern, nicht um diesen kümmerlichen Molch.

Aber ich schweife ab, von diesem Molch könnten nämlich Hunderttausende von Menschen gar nicht reden, weil sie gar kein Wort dafür haben.

Eventuell auch vom Aussterben bedroht: die Zwerg-Elstern

Eventuell auch vom Aussterben bedroht: die Zwerg-Elstern (siehe auch Beitrag «Arme Martha...»)


Manchmal habe ich das Gefühl, es geht nicht um die Vielfalt der Sprachen, sondern um die Sorgfalt der eigenen Sprache. Wenn hier mehr «Respekt» und mehr «Freude» mitschwingen würde, würden sich auch umso mehr Menschen finden, welche die Sprache sprechend und schreibend lebensfähig erhalten.

Und jetzt kommt mir ein Artikel in die Hände, der von neuromorphen Chips berichtet. In meiner Phantasie sehe ich bereits Menschen, die nicht mehr sprechen, sondern nur noch denkend kommunizieren. Das hätte den Vorteil, dass die Gedanken wieder sorgfältiger sortiert werden müssten.